Samstag, 27. April 2024

Brandeinsatz wird zur Frauensache

Die Feuerwehren im Kreis Rendsburg-Eckernförde kommen nicht mehr ohne Frauen aus. Was vor einigen Jahren noch von den Kameraden belächelt wurde, ist heute eine Selbstverständlichkeit. In nahezu jeder der 185 Wehren engagieren sich inzwischen Frauen – und sind dabei nicht nur wegen des Nachwuchsmangels sehr willkommen. Nur an die Spitze der Wehren sind die Damen erst in vier Fällen vorgedrungen. Den Brandbekämpfern in Aukrug-Böken, Borgdorf-Seedorf, Meezen und Steenfeld stehen Wehrführerinnen vor. In den Gemeindewehren des Amtes Nortorfer Land haben sich bereits drei „Powerfrauen“ in die Wehrführungen hochgearbeitet. Geht es dabei doch nicht nur um die fachliche Kompetenz, sondern auch um die Akzeptanz bei den jüngeren und älteren Kameraden.

Wasser marsch: Nina Pingel, Petra Henningsen und Nadine Sedat (von links) am Strahlrohr

Den Anfang machte Borgdorf-Seedorfs derzeitige Wehrführerin Nina Pingel, die bereits vor fünf Jahren mit einer sehr deutlichen Mehrheit als neue und erste weibliche Führungskraft im Amtsbereich gewählt wurde. 1994 trat die heute 41-jährige Brandmeisterin als erste Frau in die Langwedeler Wehr ein und wechselte nach ihrem Umzug 2004 in die Borgdorf-Seedorfer. Dort ebenfalls auch als einziges weibliches Mitglied der Wehr, war sie bis zur ihrer Wahl bereits drei Jahre stellvertretende Wehrführerin. „Das ist ein historischer Tag“, stellte Amtswehrführer Dirk Arendt bei ihrer Wahl zur Wehrführerin fest, denn in seinen Augen übernahm sie damit die Vorreiterrolle im gesamten Amt Nortorfer Land.

Zwei Jahre später wählten die Groß Vollstedter Petra Henningsen zur stellvertretenden Wehrführerin. Dritte im Bunde ist Nadine Sedat von der Freiwilligen Feuerwehr Warder. Sie wurde 2015 ebenfalls mit einer deutlichen Mehrheit zur stellvertretenden Wehrführerin ernannt. Doch nur mit den Wahlen war es für die drei Frauen noch lange nicht getan, warteten nun doch jede Menge Schulungen und Lehrgänge auf sie – schließlich müssen sowohl die Wehrführer als auch deren Stellvertreter der Gemeindewehren den Rang eines Brandmeisters haben. Die Ausbildungen zur Truppführerin und Gruppenführerin müssen dafür genauso erfolgreich absolviert werden, wie die zur Zugführerin. Den Abschluss bildet die Teilnahme an einem Seminar zur Leitung einer Feuerwehr.

„Es war schon ein tolles Gefühl, als die Kameraden mir das Vertrauen aussprachen und mich zur Wehrführerin wählten“, erinnert sich Borgdorfs-Seedorfs Wehrführerin zurück. Von den 20 Wahlberechtigten erhielt sie auf der Jahresversammlung 17 Ja-Stimmen, zwei Enthaltungen und eine Nein-Stimme. Dementsprechend waren auch von Anfang an der Respekt und die Akzeptanz vorhanden. „Uns ging es nicht anders“, bestätigen Petra Henningsen und Nadine Sedat. Schließlich hatten die Kameradinnen und Kameraden sie ebenfalls mehrheitlich gewählt.

„Da war es schon schwieriger, Feuerwehr, Ausbildung, Beruf, Haushalt und Familie unter einen Hut zu bekommen“, betont Nadine Sedat. Um sie dabei zu unterstützen, trat ihr Mann Reiner nach dem Umzug der Familie sogar gar nicht erst in die Wehr ein. „Die Unterstützung der Partner und gegebenenfalls sogar der Nachbarn ist schon sehr wichtig, gerade wenn man Familie hat – sonst funktioniert das nicht“, sind sich die drei Frauen einig. Und da alle drei auch Kinder haben, wissen sie, wovon sie sprechen.

Neben Feuerwehr und Arbeit auch Hausfrau und Mutter: Nadine Sadat hilft ihren Töchtern Julina (links) und Josefine bei den Hausaufgaben.

„Frauen in den Feuerwehren wurden anfänglich noch von den älteren Kameraden belächelt. Es macht aber Sinn, weil es auf dem Land heute häufig noch so ist, dass die Frauen tagsüber zu Hause sind“, sagt der Geschäftsführer des Kreisfeuerwehrverbands, Ditmar Raabe-Müske. Auch die Technik habe sich gewandelt, sodass weniger Körperkraft für den Dienst nötig ist, etwa durch den Einsatz von Hebekissen. Der Verband habe reagiert und zum Beispiel für Atemschutzgeräteträger kleinere Masken angeschafft, die Frauen passen, so Raabe-Müske. Der Einsatz unter Atemschutz gilt als eine der schwersten Arbeiten von Feuerwehrleuten. Dennoch nimmt der Frauenanteil in den Lehrgängen zu. Darin gibt es jeweils 20 Plätze. „Vor einigen Jahren hatten wir nur männliche Teilnehmer. In einer der jüngsten Schulungen waren jedoch schon sieben Frauen dabei“, so Raabe-Müske.

Quelle: shz vom 29.06.2017